Vogesenexperiment

 

Das Vogesenexperiment - TMV          

 
 

 

Traversée Massif Vosgien

Zwei Weilermer Biker machten sich Anfang August auf den Weg in die Vogesen. Man hatte sich vorgenommen, die Transvogesen von Höhe Obernai bis Höhe Mulhouse abzufahren und auf ihre Tauglichkeit für eine Fronleichnamausfahrt zu prüfen!

Voller Tatendran startete das Unterfangen von einem Supermarktparkplatz in Obernai. Der Einstieg auf die Route war absolut untauglich, mit Dornenhecken zugewachsen und vom Wildschwein durchwühlt war der erste Anstieg nur zu Fuß zu bewältigen. Danach wurde auf Asphalt nach Alternativen gesucht bis  auf diversen lokalen Wanderwegen endlich die Höhe zum Mont St. Odile geschafft war. Die ersten Stimmungsschwankungen stellten sich ein. Akku fast leer, Weg scheiße, viel Zeit verbraten – ABBRUCH?!?!?

Wer lässt sich den gleich ins Boxhorn jagen. Strom besorgt, Vesper gemacht – Bratwürste vom Metzger Meier  gegessen - Ausblick genossen und weiter ging‘s. Das war’s dann für längere Zeit mit der Aussicht. Wellig ging es auf halber Höhe durch nicht enden wollenden Wäldern auf  Waldautobahnen bis Welschbruch. Von dort ein kurzer Blick zurück und weiter wieder durch Wald, Wald, Wald… Auf der Straße ging es dann runter nach le Hohwald und von dort wieder auf die Höhe. Der Abschnitt zur Übernachtungsstelle in Châtenois wollte nicht enden und diverse Fehlversuche wegen schlechter Beschilderung ließ fast den Glauben an eine rechtzeitige Ankunft verlieren. Nach über 60 km und 1500 hm entschädigte das Nachtessen für die spärlichen Tageshighlights. Ein pinkelfreudiger Hund -fast wäre ein Rucksack im Urin abgesoffen – bewachte die beiden im Schlachtraum geparkten Drahtesel.

Am nächsten Morgen besseres Wetter als gedacht, erfreute ein französisches Frühstück die Gemüter. Auf zu neuen Ufern! Das erste Tagesdrittel war sehr vielversprechend, nette Wegle, Aussicht und diverse Sehenswürdigkeiten machten Hoffnung auf mehr Abwechslung. Doch dann kam der angesagte Regen ab dem Col de Ribauville und damit diverse Unterstehstops und  eine wassergeflutete Abfahrt auf Asphalt nach Aubure. Danach warteten viele Höhenmeter aufs Bezwingen, doch schmerzende Sitzhöcker zwangen das Opfer zu einem langsamen Anstieg zu Fuß! Langweile machte sich breit und die einfallslose Wegführung ließen die Kilometer endlos werden. Selbst ein schöner Blick und manche Sehenswürdigkeit wurden nicht mehr richtig wahr genommen. Auch wurde die Zeit wieder knapp. Leichter Regen führte gezwungener Maßen zur ersten Einkehr am verkehrsreichen Col del la Bonhomme. Eine völlig misslaunige Bedienung und entsprechend „kluge Kommentare“ von motorisierten Schwergewichtsbikern führten zu einem schnellen Bier. Die letzten 200 hm zum Col de Calvaire brachten die Sitzhöcker wieder an ihre Grenzen. Die ersten launigen Trails konnten wegen großer Nässe nicht zu Ende verfolgt werde und so blieb nur noch die Asphaltserpentinen hoch zu laufen bzw fahren. Oben angekommen gestaltete sich die Suche nach einer Unterkunft zu einer spannenden Angelegenheit. Schließlich übernachtete man in einer recht unordentlichen Skihütte, wo allein das Essen samt Bedienung und zwei saubere Betten die Verfassung der Biker nicht gänzlich ruinierte. Nach 56 km und 1600 hm ließ der Schlaf nicht lange auf sich warten.

Nach einem spartanischen Frühstück startete die Königsetappe mit diversen Fehlversuchen. Wertvolle Zeit ging dahin, bis endliche der unscheinbare Einstieg zum weiteren Weg zwischen Sträuchern gefunden wurde. Der Beginn der Strecke war wieder vielversprechend. Am Lac Blanc vorbei bis zum Lac Noir erfreuten die Wegführung und tolle Aussichten und ließen die mittlerweile doch müden Beine vergessen. Auf dem weiteren Weg zum Lac Vert holte einen die Tristesse wieder ein. Ein kurzer Lichtblick verschaffte das Gespräch mit einem französischen Mountainbiker, der die Alemannen nach dem Weg fragte! Danach wieder Wald, zerstörerische Waldwirtschaft und aufgewühlte Wege erinnerten an den Schwarzwald. Große Polder zeugten von einer ausgiebigen Ernte. Der elsässische Forst war kein Deut besser als der schwarzwälder! Viele Höhenmeter gelaufen wie gefahren zerrten sehr an den Nerven. Insbesondere sinnlose Abfahrten ins Tal um dann stumpfsinnig wieder hoch zu fahren,  überzeugten die beiden Drahteselreiter nicht und ließen viele schweigsame Streckenabschnitte folgen. Viel lieber wäre man auf dem Höhenwanderweg GR5 und GR531 gefahren. Ein wenig Abwechslung brachte das Skigebiet um den Petit Hohneck bei Gaschney. Freie Sicht und der Blick auf die Südvogesen bei strahlendem Himmel wurden dankbar aufgenommen. Nach dem Lac du Schiessrothried brachte eine längere Abfahrt ins Vallé de Metzeral die Bremsen an ihre Grenzen. Danach führte der Weg eine Zeit lang der Fecht entlang bis zum Campingplatz Langenwasen. Unerträgliche Sitzhöckerschmerzen erforderten einen Hosenwechsel und die Wasserflaschen wurden ein letztes Mal gefüllt. Von nun an mussten auf 6 km 700 Höhenmeter erklommen werden, einer zu Fuß und der andere mit dem Rad. Das brachte die Psyche des Fußgängers an seine Grenzen. Doch irgendwie schaffte man das schier unmöglich Scheinende und erreichte nach 67 km und 1700 hm das sehr vernachlässigte Hotel Wolf. Der Service, das Nachtessen und ein sehr reichhaltiges Frühstück trösteten ein wenig über die teure Übernachtung hinweg.

Nächtlicher sintflutartiger Regen bis in den Vormittag hinein verhinderten die lang ersehnte Trailabfahrt vom Grand Ballon abwärts am nächsten Tag. So sparte man sich die letzten 200 hm und machte sich bei leichtem Nieselregen und tief hängender Wolken auf die Abfahrt auf der Départementale 430 am Lac de la Lauch  vorbei talauswärts nach Guebwiller. Auf Radwegen führte die Fahrt zum Bahnhof nach Bollwiller. Ab da begann das Abenteuer französische Bahn. Ohne Fahrplan mit viel Improvisation, zwei Schwarzfahrten mit der S-Bahn mangels Schaffner und einer bezahlten Fahrt von Colmar nach Straßburg landete man schießlich in Molsheim. Nochmal ein paar Höhenmeter durch die Weinberge und etliche Kilometer trennte die Gestrandeten vom Ausgangspunkt in Obernai. Nach noch mal gut 40 km und knapp 400 hm war man froh, das Experiment hinter sich gebracht zu haben.

Fazit: Wer seine Psyche testen will bekommt gerne den Track zum Nachfahren. Ansonsten werden die Südvogesen angestrebt mit fester Übernachtung und ortskundiger Führung eines Guides durch die flowigen Trails. Das macht für die Truppe mehr Sinn!

  Verfasser: W.S. + B.B.
Mountainbiking im Nord-Schwarzwald 

 

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